Zu Beginn des WS 90/91 fand sich in der Universität München eine Gruppe von Professorinnen,
Professoren und habilitationsnahen Nachwuchswissenschaftlerinnen aus den Literaturwissenschaften
zusammen, um über Möglichkeiten der gezielten fächerübergreifenden Förderung der Gender Studies zu
beraten. Während diese Forschungsrichtungen auf internationaler Ebene zunehmende Bedeutung erlangt
hatten, waren sie an der LMU bis dahin auf isolierte wissenschaftliche Initiativen Einzelner angewiesen.
Sachlich hätte sich die gemeinsame Forschungsarbeit als erster Schritt angeboten. Eine solche wurde seit
längerem mit den Bemühungen um die Zuweisung eines Lehrstuhls für den Bereich der Geschlechterforschung
angestrebt, den Universitätsleitung und Ministerium mit unverbindlichem Wohlwollen bejahten. Von diesem
aus sollten Arbeiten zu den Gender Studies innerhalb der Universität angeregt, unterstützt und koordiniert
werden. Doch solange der Lehrstuhl auf sich warten ließ, zeichnete sich die Gründung eines DFG-geförderten
Graduiertenkollegs pragmatisch als ein Weg ab, um die Gender Studies überhaupt erst einmal an die
Universität zu holen. Zumindest für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der an dieser Forschungsrichtung
besonders interessiert war und ist, konnten auf diese Weise Fördermittel eingeworben werden.
Die Gründungsmitglieder des Kollegs gehörten den Fächern der englischen und amerikanischen
Literaturwissenschaft, der Germanistik, Gräzistik, Komparatistik, Romanistik und Slavistik an. Die
Diskussionen, die der Erarbeitung eines gemeinsamen Konzepts dienten, machten mit der Verschiedenheit
der nationalen Forschungsstände und -methoden zugleich das innovationsfördernde Potenzial dieser
Differenzen deutlich. Der Wunsch, das Gründungsgremium über die Literaturwissenschaften hinaus
interdisziplinär auszuweiten (zum Beispiel in die Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte,
Medizingeschichte, Soziologie) scheiterte am Desinteresse der damaligen Fachvertreter und konnte
erst später in begrenzter Weise realisiert werden.
Das gemeinsame Konzept für das Kolleg wurde im Januar 1991 ausformuliert; der Antrag lag im Februar
den zentralen Gremien der LMU vor und wurde von dort nach einigen Widerständen ans Ministerium und
nach Bonn weitergereicht. Ende des Sommersemesters 1991 genehmigte die DFG das Graduiertenkolleg
"Geschlechterdifferenz & Literatur" als erstes Kolleg für die Universität München. Nach der
Ausschreibungs-, Bewerbungs- und Auswahlphase im WS 91/92 nahm das Kolleg im Frühjahr 1992
seine reguläre Arbeit auf. Es durchlief bis zum Frühjahr 2001 die vorgesehene Höchstdauer von drei
Dreijahresphasen. Sowohl der Fachreferent im Wissenschaftsministerium als auch die Referenten und
Referentinnen der DFG haben die Kollegarbeit mit besonderem Wohlwollen begleitet, was sich insbesondere
in den – trotz allgemeiner Sparzwänge – von Kollegphase zu Kollegphase steigenden finanziellen
Zuwendungen geäußert hat.
[Letzte Änderung: 04.10.2004] |